Auch der Kreisverband Wittenberg hat vor der Kreistagssitzung bei zwei Kundgebungen Flagge gezeigt, denn es kann eben auch zu einem Problem für das Jessener Land werden, wenn Abteilungen des Herzberger Krankenhauses dem Sparzwang geopfert werden. 

Worum es dabei genau geht, kann in meinem ersten Kommentar zur Problematik vom 10. Dezember nachgelesen werden – allerdings empfehle ich etwas Lesezeit mitzubringen. Kürzer hat es Frank Claus von der Lausitzer Rundschau am 12. Dezember verfasst: “Der Aufsichtsrat der Elbe-Elster-Klinikum GmbH hatte beschlossen, Teile des Krankenhauses in Finsterwalde und zwei Stationen im Krankenhaus in Herzberg, unter anderem die Gynäkologie/Geburtshilfe und Kinderheilkunde, zu schließen.

Zurück zum Thema. Wie an den Bildern zu sehen, hat sich DIE LINKE mit dem Thema positioniert – man hätte dies auch mit der AfD im Verbund machen können. Jedoch werden gemeinsame Positionen mit uns von den Altparteien grundsätzlich abgelehnt, während wir bei sinnvollen Anträgen durchaus diesen zustimmen können.

 

Die Kundgebung der AfD wird jedoch weiter von Frank Claus ignoriert, wenn er schreibt: “SPD und Linke haben Landtagsabgeordnete aus anderen Wahlkreisen ans Rednerpult entsandt. Sie fordern den Erhalt der Grundversorgung im gesamten Landkreis.” Allein bei diesen Zeilen sollte klar sein, dass es keiner Abgeordneten “aus anderen Wahlkreisen” bedarf – wenn zwei direkt gewählte Landtagsabgeordnete für den Landkreis Elbe-Elster der AfD auf dem Platz standen!

Peter Drenske, Dr. Christoph Berndt und Volker Nothing konnten hier auf die Probleme eingehen, die von der Presse als auch von den kommunalen Mandatsträgern gern ignoriert werden. Jedoch werden die “Brandmauern” auch im Kreistag von Elbe-Elster nicht mehr lange halten, spätestens nach den Kommunalwahlen am 9. Juni 2024 dürfte es eine neue Gemengelage geben – mit einer hoffentlich starken AfD-Kreistagsfraktion.

   

Zur 20. Sitzung des Kreistages sollen nun einige Punkte herausgegriffen werden, deren die anwesenden Pressevertreter eine ganz unterschiedliche Wahrnehmung beigemessen hatten.

Nach einem längeren Prozedere zur Festlegung der Tagesordnung, einschließlich der Rücknahme des TOP 7 durch den Landrat zu den Strukturveränderungen vom EEK (das große Thema an sich), war es die AfD-Kreistagsfraktion, die auf Unstimmigkeiten hingewiesen hat. Anscheinend ist es im Kreistagsbüro üblich, dass Änderungen der TO im Sitzungsprogramm nicht gegenüber den Mandatsträgern ausreichend kenntlich gemacht werden – und so tauchte die Beschlussvorlage BV-729/2023 (Beratung eines zweiten Einwohnerantrages “Wir fordern eine unabhängige Evaluierung zum Erhalt und Qualifizierung des Klinikstandortes Elsterwerda und lehnen einen Klinikneubau ab”) dort gar nicht erst auf. 

Mit Absurditäten ging es gleich weiter, denn die nicht mehr aktuell vorhandene BV-729/2023 wurde offiziell von der TO genommen – weil man in der gesetzlich vorgeschriebenen Öffentlichen Bekanntmachung diese unter dem TOP 8 den Bürgern noch zur Kenntnis gegeben hatte. Das mag der geneigte Leser jetzt als kleinlich ansehen, jedoch kann diese Vorgehensweise für ein gewisses Geschmäckle sorgen.

Für den Einwohnerantrag aus Elsterwerda wurde nämlich Anja Heinrich (CDU) als Vertrauensperson benannt – nicht nur die Bürgermeisterin von Elsterwerda, sondern auch Ex vom Landrat Christian Jaschinski! Gerade das vom Landrat ausgegebene Konzept “3 plus 1” für das EEK könnte durch diesen Antrag konterkariert werden und würde den Landrat ziemlich schlecht aussehen lassen. Diese Brisanz soll anscheinend keinem aufgefallen sein?

Nach dem allgemeinen und einschläfernden Bericht des Landrates (ein großer, mitreißender Redner war er auch noch nie) ging es unter dem TOP Anfragen von Fraktionen und Kreistagsabgeordneten zur Sache. SPD-Urgestein Barbara Hackenschmidt (Fraktion SPD/FDP/GrüneB90) nahm sich den Landrat mit einem Fragenkatalog von recht ausführlichen sechzehn Fragen intensiv vor und forderte, die politische Verantwortung für das Desaster zu übernehmen. Kürzer ausgedrückt: Rücktritt!

Bei Frank Claus von der Lausitzer Rundschau ließt sich das dann so: “Ihre Forderung an den Landrat wurde mit starkem Beifall aus den dicht besetzten Besucherreihen begleitet. Fast gleichlaufend machte in den sozialen Medien eine bereits vorbereitete Liste für die Einleitung eines Bürgerbegehrens mit der Überschrift „Landrat Christian Jaschinski abwählen“ die Runde.” Der Beifall kam übrigens auch aus den hinteren Reihen in der Hoffnung, dass es Frau Hackenschmidt um die Sache geht und nicht um politisches Kalkül.

 

Anschließend wurde der Einwohnerantrag aus Finsterwalde behandelt und einstimmig für zulässig erklärt. Jörg Gampe (Bürgermeister von der Sängerstadt Finsterwalde) und Dr. med. Astrid Knöfel forderten hier mehrfach offene Diskussionen ein, anstatt sich auf ein Konzept festzulegen, wo die Rahmenbedingungen überhaupt noch nicht geklärt sind. Es wurde konstatiert, dass es im EEK “ein extremes Personalführungsproblem” gibt, was wiederum mit viel Beifall quittiert wurde. Eine eindeutige Ansage an die Kreistagsmitglieder erfolgte zum Schluss vom Ex-CDU-Mitglied Jörg Gampe: “Man sollte sich nicht vom Landrat zum Totengräber machen lassen.” Beifall auch hier.

Weiter mit der Kritik am Landrat ging es von Lutz Kilian (SPD/FDP/GrüneB90) sowie von Ronny Zierenberg (Freie Wähler/LWG/Hz), die beide im Interview des rbb ihre Darstellung vortragen konnten. Iris Schülzke (LUN/UWG/BfF) meinte “nicht der Politik von oben folgen” und Matthias Lentzsch (AfD-Fraktion) bemängelte die mangelhaften Informationen aus dem Aufsichtsrat des EEK. Auch Joachim Pfützner (DIE LINKE) mischte sich ein und stellte einen Änderungsantrag zur Formulierung zum TOP 730/2023.

Klar ist auch, dass eine strukturelle Anpassung an den drei Standorten nötig ist. Jedoch nicht mit der Brechstange über eine Beratungsfirma für ein Luftschlosskrankenhaus in Kreismitte, noch ohne Einbeziehung der Ärzte, Pfleger, Mitarbeiter und Bürger der Standorte vom Elbe-Elster-Klinikum!

Fazit I: Trotz der vom Landrat zurückgezogenen Beschlussvorlage BV-724/2023 zu Strukturveränderungen des EEK wurde das Thema von den Mandatsträgern fraktionsübergreifend diskutiert. Eine Mehrheit für den vom Landrat ausgegebenen Kurs “3 plus 1” für das EEK sieht aktuell anders aus. Der Druck der Straße über Kundgebungen, Einwohneranträge oder Onlinepetitionen hat bei den Altparteien zu einem Umdenken geführt. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass eine Mehrheit der Fraktionen den Landrat zum Konzept “3 plus 1” in den vergangenen Wochen ermächtigt – und damit legitimiert hatte!

Der Landrat konnte den Argumenten nur wenig entgegensetzen. Um nicht weiter im Sperrfeuer zu stehen, war es wohl neben der Freistellung des Geschäftsführers Michael Neugebauer die einzige Möglichkeit, diese Beschlussvorlage von der Tagesordnung zu nehmen. Nun sollen weitere Gespräche mit den Ärzten, Beschäftigten und anderen Gremien für die Zukunft des EEK stattfinden. Ob dies den Landrat rettet, wird sich zeigen.

Fazit II: Auch wenn der Änderungsantrag der AfD-Fraktion von Helfried Ehrling zum TOP 730/2023 nicht durchgegangen ist, bleibt festzustellen, das viele eigene Punkte durch andere Fraktionen angesprochen, mit Kritik nicht gespart und Beschlüsse umgesetzt wurden. Ganz im Sinne der Bürger, der Beschäftigten vom EEK – und der AfD-Fraktion. Auch so geht es!

Fazit III: Nach Informationen steht der Dienstplan bis 31. Januar 2024 der Gynäkologie/Geburtshilfe am Standort Herzberg – nicht nur ein Vorteil für das Jessener Land!

Nach einer kleinen Stärkungspause ging es weiter, da man laut Geschäftsordnung nur bis max. 20.30 Uhr hätte tagen können. Im Galopp ging es demzufolge durch die restlichen dreizehn öffentlichen Punkte, wobei der Antrag der AfD-Fraktion zur strategischen Überprüfung der Wirtschaftlichkeit zur Anschaffung von Wasserstoffbussen mehrheitlich abgelehnt wurde. Wenn 1 Million Euro bereits in den Kreishaushalt eingestellt wurden, hätte man sich durchaus mit diesem Punkt angesichts der in anderen Landkreisen bestehenden Erkenntnis der Unsinnigkeit von Wasserstoffbussen befassen müssen. So erfolgte jedoch von der Sitzungsleitung die Meinung, dass das Geld dann halt für andere Projekte genutzt werden kann – und genau da kommt der Schlips ins Rad! Haushaltsklarheit und Haushaltsdisziplin stehen aktuell nicht hoch im Kurs.

Denn: Wenn schon die Bundesregierung eine äußerst kreative Haushaltsführung an den Tag gelegt hat und damit in berechtigter Weise durch Karlsruhe zurechtgestutzt wurde, scheint es im Kreistag erst recht keine Rolle mehr zu spielen.

Maik Bialek, Vorstandsmitglied im KV Wittenberg und gebürtiger Herzberger


Nachtrag vom 14.12.2023 ab 14.37 Uhr:

Wie dem Artikel von Sven Gückel entnommen werden kann, hat auch der Pressevertreter der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) es nicht für nötig erachtet, auf andere anwesende Landtagsabgeordnete hinzuweisen.

Gern auch noch mal für Herrn Gückel: Es waren vor als auch während der Kreistagssitzung zwei direkt gewählte Abgeordnete der AfD-Landtagsfraktion für den Elbe-Elster-Kreis vor Ort! Peter Drenske war sogar bis zum Schluss der Sitzung anwesend, da gleichzeitig auch Mitglied des Kreistages. Aber sich mit Abgeordneten der AfD zu unterhalten, scheint nicht gewollt zu sein. Eher wird der untergehenden demokratischen Partei DIE LINKE noch ein letztes Format zur Profilierung gegeben. 

Parteien, die sich selbst als demokratisch preisen und anderen absprechen demokratisch zu sein, haben die Demokratie nicht verstanden.

Passend zum Schluss das hier auf diesen Seiten bekannte Zitat von Mark Twain: “Wenn du die Zeitung nicht liest, bist du uninformiert und wenn du sie liest bist du desinformiert.