Wie der MZ-Presse am 15. November zu entnehmen war, hat die CDU/FDP-Stadtratsfraktion Wittenberg den „Antrag durchgebracht, mit dem der Verwaltung das Gendern untersagt wird.“ 

Sicherlich gibt es dringendere Probleme in den Kommunen zu lösen, jedoch sind diese durch die unzureichende finanzielle Ausstattung kaum zu bewältigen. Im Endeffekt haben nicht wenige Kommunen im Land Haushaltssperren verhangen und hangeln sich von Fördermittel zu Fördermittel. Viel Spielraum bleibt da nicht übrig.

Umso erfreulicher dürfte es gewesen sein, dass sich der Stadtrat in einer starken mehrheitlichen Entscheidung mit 23 Stimmen für den Antrag der CDU/FDP-Fraktion (bei 5 Stimmen dagegen und zwei Enthaltungen) für die Orientierung „am Rat für deutsche Rechtschreibung“ ausgesprochen hat. 

Vorausgegangen war der Entscheidung „eine längere Debatte, zu der auch ein Antrag von Uwe Loos (Linke) gehörte, der die Überweisung des CDU/FDP-Papiers in den Haupt- und Wirtschaftsausschuss vorsah.
Für die Entscheidungsfindung hatte die Stadtratsvorsitzende Franziska Buse (CDU) die Sitzung kurz unterbrochen. Eine Mehrheit fand Loos’ Antrag aber nicht, lediglich vier der 32 anwesenden Stadträte sprachen sich dafür aus, zwei enthielten sich.
Geht es ums Gendern, also den Gebrauch der geschlechtergerechten Sprache, so soll die Verwaltung der Lutherstadt Wittenberg sich in Zukunft am Rat für deutsche Rechtschreibung orientieren.“

Uwe Loss wollte wohl damit erreichen, den aus seiner Sicht unliebsamen Antrag in den Ausschuss zu verbannen um dann dort bei Abstimmung auf andere Mehrheiten zu hoffen. Hat nicht geklappt. Auch das Herumfuchteln in der Systematik eines kleinen Kindes mit dem Kommunalverfassungsgesetz verfing nicht bei der Stadtratsvorsitzenden Franziska Buse (CDU).

Während Corinna Nitz von der MZ die Einlassungen von Sven Paul (SPD) noch als „inhaltlicher und politischer Natur“ bezeichnete, durfte der sich Hohn und Spott aus den Reihen der CDU für seine Anrede „liebe Verwaltungsmitarbeitende“ gefallen lassen (steht zwar so nicht in der Zeitung, ist uns jedoch eine kleine Randnotiz wert). Richtiger wäre es gewesen seine Argumentation als das zu bezeichnen, was sie ist: nämlich ideologischer Unsinn!

Absurder wurde es erst, als er diesen Antrag als „Liebeserklärung an die AfD“ bezeichnete – was auch prompt von Volker Scheurell (AfD) nicht nur mit einer Gestik und Mimik bedacht wurde. Bei solchen Anträgen kommt man doch tatsächlich in den Genuss kommunalpolitischer Debatten im Wittenberger Stadtrat – bitte mehr davon!

Aber Spaß beiseite, es geht hier schließlich um die Rückkehr zu einer klaren Sprachsystematik – was logischerweise die Zustimmung der AfD-Stadtratsfraktion beinhaltete. Fragt sich nur, ob der Reiner oder der Friedrich anrufen und die Rückgängigkeit des Beschlusses einfordern …

Der Oberbürgermeister sollte jedoch nicht nur Josef Lange vom Rat für deutsche Rechtschreibung zitieren, sondern sich auch mit dem Buch von Josef Kraus „Der deutsche Untertan – Vom Denken entwöhnt“ auseinandersetzen. Dem Träger des Bundesverdienstkreuzes wurde nicht umsonst im Jahr 2018 der Deutsche Sprachpreis verliehen, schließlich war er bis 2017 gute dreißig Jahre lang ehrenamtlicher Präsident des Deutschen Lehrerverbandes mit seinen 160.000 Mitgliedern.

Es bleibt zu hoffen, dass die „Vergewaltigung der deutschen Sprache“ – so Dirk Hoffmann von fup nicht nur im Amtsblatt der Lutherstadt Wittenberg sein baldiges Ende findet, denn lesen kann man diese verquälten Zeilen schon lange nicht mehr. Ob es hierbei nur der Tippeltappeltour bedarf („Schritt für Schritt“) oder nicht vielleicht ein großer Wurf besser wäre, wird die Zeit zeigen.

Die AfD-Stadtratsfraktion wird jedoch nicht nur der CDU/FDP-Fraktion zustimmen, wenn es um die Sache und für den Bürger geht. Ob es andersherum auch möglich ist, werden wir sehen. Josef Kraus sei dazu aus dem genannten Buch zitiert: „Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun. Und wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir sagen, sondern auch für das, was wir nicht sagen, wiewohl es gesagt werden muss und in einem freiheitlichen Rechtsstaat auch gesagt werden darf. Sich anpassen, den Buckel krumm machen, ins Private emigrieren und wählen, was selbst ernannte Vormünder wählen – das ist nicht bürgerlich, das ist nicht erwachsen, das ist nicht aufgeklärt im Sinne Kants.“

Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihre Sprache raubt.“ – Johann Gottfried von Herder (1744-1803)

AfD Wittenberg – lesen, was Sache ist!