Wie der geneigte Leser der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) im Artikel der Wittenberger Journalistenikone Irina Steinmann vom 16. Januar entnehmen konnte, gab es neben der traditionellen Neujahrsansprache des “parteilosen” Oberbürgermeisters auch hohe Auszeichnungen zu vergeben.
Der auf zwei Seiten ausgedruckte Artikel kann jedoch weder das Erlebte vor Ort noch die Rede von Torsten Zugehör im vier Seiten Abdruck im Wittenberger Amtsblatt der Ausgabe Nr. 2 wiedergeben.
Nicht nur von unseren Teilnehmern dürfte daher die Rede mit gefühlten 45 Minuten sehr lang gewesen sein. Man hatte stellenweise den Eindruck, der Herr Oberbürgermeister lebe nicht nur auf einem anderen Stern, auch schien er seiner Arbeit angesichts der vielen Probleme überdrüssig geworden zu sein.
Bei den angesprochenen Problemen um das Thema zum “Kampf um Tempo 30 für die Zahnaer Straße in Labetz, begonnen 2016 und nach wie vor nicht entschieden, und das zu Beginn der neuen Jahrtausends begonnene Ringen um die Nordumfahrung” auch nun wirklich kein Wunder.
Die allgemeine Ausfinanzierung der Kommunen durch das Finanzausgleichsgesetz (FAG) spricht Bände. Der Bund ist nicht nur im Straßenbau für “eine ungleiche Verteilung der Mittel” im Vorteil für Bayern zuständig, auch in anderen Bereichen werden den Kommunen von oben herab nach Gutsherrenart Maßnahmen zur Umsetzung auf Auge gedrückt. Hier sei noch nicht einmal das Thema der “Flüchtlinge” angesprochen, es fängt ganz einfach bei den Energiekosten an und setzt sich fort über die vermeintliche menschengemachte Klimaerwärmung, um nur mal zwei Bereiche zu nennen, wo der Bund die Kommunen zu Kreditaufnahmen nötigt.
Jedoch scheint der Herr Oberbürgermeister vergessen zu haben, dass es nicht nur sein alleiniger Verdienst war, durch “Intervention von Stadt, Kreis und dem betroffenen Unternehmen SKW in Sachen Gaspreisumlage im Kanzleramt” mehrmals vorsprechen zu dürfen. Nicht nur in Wittenberg dürfte den Spaziergängern ein nicht unerheblicher Anteil am Rückzug der Gaspreisumlage zugesprochen werden können; mit Schweigemärschen allein hätten die regionalen politischen Akteure wohl kaum auf die Problematik reagiert.
Im Verbund mit der einzigen wahren Opposition in Bund und Land haben die AfD-Fraktionen auf diese Problematik mehrfach hingewiesen, so dass auch in Teilen der CDU mit Widerstand zu rechnen war und man sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen wollte.
Mit großzügigen Zahlungen an die Beschäftigten im letzten Jahr hat SKW zwar für Ruhe im Werk gesorgt, jedoch kann dies auch als Schweigegeld betrachtet werden, damit man bloß nicht am Montag mit auf der Straße steht. Eine Vermengung von vermeintlichen “Wutbürgern”, “Coronaleugnern” und “Russlandverstehern” Seite an Seite mit Beschäftigten des größten Steuerzahlers der Region wäre wohl kaum gut angekommen.
Das Textende des MZ-Artikels zur Verleihung von Urkunden an die beiden ehem. Geschäftsführer der Stadtwerke sowie des Senioren- und Pflegezentrums “Am Lerchenberg” kann jedoch die Emotionen beim Neujahrsempfang in keiner Weise wiedergeben.
Zitat, Fettdruck hervorgehoben durch den Kreisverband: “Herrmann, heute Präsident des Wittenberg-Zentrums für Globale Ethik, schlug in seiner Dankesrede auch hoch kritische Töne an. Er könne im Handeln der derzeitigen Bundesregierung „keine verlässlichen Entscheidungen erkennen“, sagte Herrmann und lobte Erdgas als „ökologischsten fossilen Energieträger“. Ausdrücklich verurteilte er die Waffenlieferungen an die Ukraine und erinnerte mit einem Rückgriff auf „Schwerter zu Pflugscharen“ an die „hohe Kunst der Diplomatie“, die er vermisse. Zugleich äußerte er Misstrauen gegenüber den USA.“
Diese richtigen und weisen Worte von Hans-Joachim Herrmann haben bei den während seiner Rede danebenstehenden Oberbürgermeister und der Stadtratsvorsitzenden fast deren Gesichter entgleisen lassen. Das hatten die beiden wohl nicht vom Preisträger der Ehrenurkunde der Stadt Wittenberg erwartet. Man hätte allerdings Herrn Herrmann auch schlecht das Mikrofon wegnehmen können, wurde er doch gerade erst mit der Urkunde für seine Leistungen als Stadtwerkechef ausgezeichnet.
Die beiden begossenen Pudel (oder sollten wir jetzt Pudel*innen schreiben?) werden bei zukünftigen Preisverleihungen wohl noch genauer die Kandidaten unter die Lupe nehmen, denn solch ein Fauxpas wird man sich wahrscheinlich nicht noch einmal gefallen lassen wollen.
Irina Steinmann hat zwar dieses Konstrukt in gut verpackte Zeilen verarbeitet, jedoch kann das persönlich Erlebte keinen Artikel ersetzten.
Deshalb ist es wichtig als Mandatsträger, aber auch als Bürger an solchen durchaus hochkarätigen Veranstaltungen teilzunehmen. Wenn Sie sich für die kommende Kommunalwahl 2024 vorbereiten wollen, empfiehlt sich die Teilnahme jedoch eher an den Sitzungen der Ausschüsse von Stadtrat und Kreistag – denn dort wird die kommunale Politik gemacht, nicht bei den Empfängen!
Den Mitgliedsantrag dazu gibt es hier!