Am Montag, den 13. Dezember 2021, beteiligten sich mehr als 2000 Bürger in der Stadt der Reformation an den Coronaprotesten. Friedlich, mit Kerzen und Musik. Diese Anzahl an Teilnehmern kann sich selbst die Mitteldeutsche Zeitung (MZ) nicht entziehen, allerdings wird gleichzeitig im Artikel vom 14.12.2021 auf nicht eingehaltene Auflagen hingewiesen.
Es kann davon ausgegangen werden, dass der Pressesprecher der Kreisverwaltung (und ehem. Redakteur der MZ!) es nicht ab kann, wenn friedliche Bürger einfach nur an einem angemeldeten Spaziergang gegen die Corona-Maßnahmen teilnehmen, ohne das es zu Sachbeschädigungen oder anderen Randale gekommen ist. Sicherlich kann Alexander Baumbach anführen, dass „die Teilnehmer der angemeldeten Veranstaltung einen Mundschutz“ hätten „tragen müssen, sobald sie nicht genug Abstand halten konnten.“ Jedoch ist die 15. SARS-CoV-2-EindV aus unserer Sicht nicht ganz einschlägig.
Zwar schreibt § 1 Absatz 1 dieser Verordnung in den Allgemeinen Hygieneregeln vor, dass „in allen Einrichtungen, Betrieben sowie bei Angeboten und Veranstaltungen im Sinne dieser Verordnung“ Hygienevorschriften einzuhalten sind – unter anderen eben der erwähnte Mindestabstand „von 1,5 Metern zu anderen Personen, soweit möglich und zumutbar …“.
Dies greift jedoch hier nur bedingt, denn der § 3 enthält in seiner Überschrift neben den Begriff der Veranstaltungen auch den der Versammlung – und weist diesem explizit in Absatz 7 folgende Begründung zu: „Versammlungen unter freien Himmel und in geschlossenen Räumen nach Artikel 8 des Grundgesetzes sind, sofern es sich nicht um Eil- oder Spontanversammlungen handelt, der zuständigen Versammlungsbehörde mindestens 48 Stunden vor ihrer Bekanntgabe anzuzeigen. Bei Versammlungen von mehr als zehn angemeldeten Teilnehmern kann die zuständige Versammlungsbehörde nach Beteiligung der zuständigen Gesundheitsbehörde die Versammlung zum Zwecke der Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-Cov-2 verbieten, beschränken oder mit infektionsrechtlichen Auflagen versehen.“
Was bedeutet dies nun konkret? Aus unserer Sicht enthält der § 1 mit dem Wortlaut des Verordnungstextes eben genau keine Vorgabe für Versammlungen, sondern nur für Veranstaltungen. Selbst wenn man den Versammlungsbegriff unter dem der Veranstaltungen subsumieren würde, findet der Wortlaut „soweit möglich und zumutbar“ seine Grenzen an den verkehrsrechtlichen Flächen – bedeutet: wenn z.B. die Schlossstraße durch die natürliche Eingrenzung in der Breite durch Geländer oder Gebäude sich allein schon dadurch begrenzt, ist es nicht möglich einen Mundschutz zu tragen, oder? Zumal durch die Polizei links wie rechts der Spaziergänger eine weitere (menschliche) Barriere erfolgte.
Diese Auslegungen der Verordnung sind natürlich nicht ganz ernst gemeint, jedoch wäre in einem Rechtsstaat mit Gewaltenteilung die eine oder andere Landesverordnung durch die Verwaltungs- und/oder Verfassungsgerichte gnadenlos der Regierung vor den Latz geknallt worden (Karlsruhe hat sich davon schon länger verabschiedet, in kleineren Maßstäben funktioniert´s aber noch, siehe hier – übrigens nicht nur ein Erfolg der AfD-Fraktion im Landtag)!
Warum legt also der Landesgesetzgeber Vorgaben zu Veranstaltungen fest, die in einem weiteren Artikel bei den Versammlungen anders dargestellt werden? Hat man Angaben schlicht vergessen oder wollte man der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes nur zum Anschein einen höheren Stellenwert geben? Durch die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes wurde bekanntlich nicht nur die Versammlungsfreiheit eingeschränkt – eigentlich ein Unding im Verfassungsstaat!
Nota bene: Nach dem Zusatz der Bußgeldtatbestände der oben erwähnten Landesverordnung zu urteilen, gibt es für Verstöße gegen den § 3 Absatz 7 (Versammlungen) genau KEINEN Tatbestand!
Für Maßnahmen anderer Behörden bzw. zu anderen Gesetzmäßigkeiten (wie z.B. Platzverweise durch die Polizei oder noch weiterer restriktiverer Vorgaben) gilt dies freilich nicht – da gibt es Ahndungsmöglichkeiten. Nur so viel: Seien Sie bitte freundlich bei der Feststellung/Überprüfung Ihrer Personalien, denn die Beamten machen auch nur ihren Job und finden sicherlich die Maßnahmen der Landesregierung in Summe auch nicht besonders sinnvoll. Anschließend empfehlen wir an die örtliche Polizeibehörde einen Antrag nach § 37 (2) Verwaltungsverfahrensgesetz zu stellen – da wird dann sehr genau aufgeschlüsselt, gegen welche Vorgaben man noch so verstoßen haben soll.
Aus Erfahrung sind hier beispielsweise noch das SOG LSA (§ 36 Absatz 1 oder Absatz 2) als auch § 28 Absatz 1 Nr. 4 des VersammlG LSA sowie natürlich die allseits „beliebten“ Änderungen des IfSG durch die alte und neue Bundesregierung mit den § 73 Absatz 1a, Nr. 24 und Absatz 2 i.V.m. § 28 Absatz 1 S. 1, § 28a Absatz 1 und § 32 zu nennen. Ob damit ein Erfolg für die Behörden verbunden ist, muss ggf. ein Anwalt entscheiden, sofern man diesen dazu einschalten möchte.
Lassen Sie sich nicht provozieren, weder von der Polizei noch von den Teilnehmern der Veranstaltung. Bleiben Sie ruhig und sachlich, auch wenn es an der einen oder anderen Stelle schwerfallen sollte. Aus den Erfahrungen vorhergehender Veranstaltungen auf dem Wittenberger Marktplatz sind einige Provokateure aufgefallen, auch was „plötzlich“ so an Zivilpolizei vor Ort war …
“Leisten wir einen zivilisierten, demokratischen, intelligenten und herzvollen Widerstand” - so Tim Krause letztens in Potsdam. Dies gilt nicht nur für Wittenberg, sondern auch für Bitterfeld, Halle, Magdeburg, Cottbus, Freiberg, Görlitz und den vielen anderen großen und kleineren Städten im Lande!
„Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!“ – Kurt Tucholsky – deshalb am 20. Dezember auf nach Wittenberg!