Eigentlich war eine Kundgebung vor der Herzberger Kreisverwaltung angemeldet, jedoch ging es dann doch um die Teilnahme an den öffentlichen Tagesordnungspunkten zu den mehr als brisanten beiden Themen:
„Betreibung einer Einrichtung zur vorläufigen Unterbringung für Asylbewerber und andere ausländische Flüchtlinge in Form einer Gemeinschaftsunterkunft in Doberlug-Kirchhain“ (BV-639/2023) und
„Abschluss von Verträgen im Zusammenhang mit der Nutzung der bisherigen Erstaufnahmeeinrichtung in Doberlug-Kirchhain als Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises Elbe-Elster“ (BV-640/2023).
Nicht umsonst sollten sich mehrere Dutzend Bürger im Sitzungszimmer 137 der Kreisverwaltung zur außerplanmäßigen Sitzung des Kreisausschusses eingefunden haben – man kam definitiv auf seine Kosten – und konnte damit erneut ein Lehrbeispiel der Demokratie erleben.
Interessant war im Vergleich zum Wittenberger Kreistag, dass ein Tagesordnungspunkt zur so genannten Einwohnerfragestunde überhaupt nicht vorgesehen und Rederecht für die Gäste nur auf Antrag möglich war. Davon hatte Helfried Ehrling als AfD-Fraktionsvorsitzender sogleich Gebrauch gemacht und Rederecht für Peter Drenske (MdL) beantragt – was mehrheitlich durch die Vertreter der Altparteien abgelehnt wurde.
Anschließend durfte Landrat Christian Jaschinski seine Sicht der Dinge zu den beiden Beschlussvorlagen dem Gremium vorstellen, was aus verständlichen Gründen kaum Luftsprünge in den Reihen der Gäste verursacht hatte. Wenn 700 junge Männer in einem Block aus unterschiedlichen Kulturen mit Gemeinschaftsverpflegung in Doberlug-Kirchhain mitten im Wald abseits der Infrastruktur, die weder mit Ärzten noch mit Bildungsangeboten im Ort vorhanden sind, untergebracht werden sollen, und diese bereits jetzt schon (mit Stand vom 30.04.23) 4,23 % Anteil von „Asylbewerbern“ und „Geflüchteten“ an den Einwohnern der Stadt Doberlug-Kirchhain UND seiner Ortsteile ausmachen, kann da nichts werden.
Die Darstellung von Zahlen zu den einzelnen Kommunen und Regionen der ausgelegten Präsentation zum „Sachbericht zur Aufnahme und vorläufigen Unterbringung von Flüchtlingen, spätausgesiedelten und weiteren aus dem Ausland zugewanderten Personen im Landkreis Elbe-Elster“ (mit Stand vom 30.04.2023 und 12.05.2023) bilden damit jedoch nicht die tatsächlichen Probleme ab. Regionen und Städte werden nämlich im Gesamten betrachtet – und da liegt das Problem.
Wenn Doberlug-Kirchhain mit 8633 Einwohnern (Stand 31.12.2021) in der Präsentation ausgewiesen wird, sind die angegebenen 365 Asylbewerber/Geflüchtete (4,23 %) recht gering zur Einwohnerzahl zu sehen. Das jedoch der Teilort Kirchhain prozentual ein Vielfaches an dieser Personengruppe hat, wird geflissentlich unterschlagen; der Brief des Bürgermeisters von Doberlug-Kirchhain kam daher nicht von ungefähr.
Das Argument des Landrates und seiner Claqueure in den Reihen der Altparteien – namentlich sind hier Joachim Pfützner (Die Linke), Ulrich Hartenstein (SPD/FDP/GrüneB90), Thomas Lehmann, Andreas Holfeld und Dr. Sebastian Rick (alle drei „Volksvertreter“ von der CDU) zu nennen – das mit der Betreibung einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Regie des Landkreises die Kommunen und Städte des Elbe-Elster-Kreises weniger belastet würden, ist damit eine Milchmädchenrechnung und soll den Wählern erneut Sand in die Augen streuen.
Wer glaubt, dass Resttlement-„Flüchtlinge“ die GU wieder verlassen würden, kann gern weiter an Weihnachtsmann und Osterhasen glauben. Auch wenn das der Landrat etwas belustigend fand, da einige hier in Wohnungen gemeldet sind, sich aber auf in die Großstadt machen (und somit ja eh nicht alle bleiben), wird der Großteil in der GU bis zur weiteren Abklärung des Aufenthaltsstatus verbleiben müssen.
Damit schließt sich der Kreis zur Sicherheit – und wenn schon selbst die Polizei nicht einmal mehr mit Blaulicht zur GU fahren darf, um die Bevölkerung nicht unnötig zu beunruhigen, sollte überlegt werden, inwieweit das bereits bestehende Sicherheitskonzept des Landes als ausreichend anzusehen ist. Die Antwort des Landrates, dass dieses Konzept in Regie des Landkreises mit der Polizei abgestimmt sei, ist soviel Wert wie die Antwort von Erich Mielke in der Volkskammer („Ich liebe Euch doch alle“) – keinen Pfifferling!
Ausreichend Paroli bot Frank Neczkiewicz (LUN/UWG/BfF) dem Landrat, der nicht nur als Kreistagsabgeordneter, sondern auch als Stadtrat von Doberlug-Kirchhain die Probleme mehr als genug kennt. Hier wurde der werte Herr Landrat recht ungehalten und war mehr als angepipst, gab es doch außerhalb der AfD noch ein Vertreter, der deutlich sein Ungemach zur Sprache brachte und die Behandlung dieser Beschlussvorlagen ebenfalls im Kreistag gesehen hätte.
Diese Entscheidung von über 9,7 Mio. Euro nicht im Kreisausschuss (KA) abzustimmen, sondern in den Kreistag als höchstes Gremium zu verweisen, wurde letztendlich als Antrag von der AfD-Kreistagsfraktion eingebracht – und wie üblich mehrheitlich abgebügelt. Verantwortlich dafür sind die bereits erwähnten „Volksvertreter“ – oder, um es anders auszudrücken: der CDU Filz! Eine entsprechende Beschlussempfehlung des Sozialausschusses vom 17.05.2023, dies zu prüfen, wurde weder verlesen noch beantwortet. Einzig kam die flapsige Bemerkung, das haben wir schon immer so gemacht.
Inwieweit hier kommunales Recht oder vielleicht auch „nur“ die Hauptsatzung oder die Geschäftsordnung untergraben wurde, entzieht sich der Kenntnis des Verfassers. Jedoch sind im Wittenberger Kreistag solche hohen Summen nicht durch den KA abzustimmen. Maximal dürfen dort 75.000 Euro laut § 7 Absatz 2 c) der Hauptsatzung beschlossen werden, alles darüber hinaus ist im Kreistag zu behandeln.
Einen kleinen Lichtblick gab es dann tatsächlich noch nach dem nicht öffentlichen Teil. Für die beiden oben genannten Beschlussvorlagen stellte die AfD-Kreistagsfraktion den Antrag auf namentliche Abstimmung – was durch die Verwaltung zügig umgesetzt wurde.
Einen kleinen Wermutstropfen hat jedoch der Beschlusstext im Protokoll (sofern dies als abgeschlossen betrachtet werden kann): Weder wurde der Antragssteller – die AfD-Fraktion – zur namentlichen Abstimmung erwähnt, noch die einzelnen Personen mit ihrer Abstimmung. Somit ist das Stimmverhalten der Ausschussmitglieder in der bisher veröffentlichen Form mit Stand vom 25.05.2023 nicht für die Nachwelt erhalten. Hier ist nicht nur aus Sicht des Verfassers dieser Zeilen im Sinne der Öffentlichkeit und Transparenz unbedingt nachzubessern.
Aus der Erfahrung an der Teilnahme vieler öffentlichen Sitzungen und der anschließenden Nachlese in den Protokollen im Vergleich mit dem Gesagten ist zu konstatieren, das man es manchmal nicht so genau mit dem Wortlaut – und im Einzelfall auch mit den Abstimmungen nimmt.
https://www.ratsinfo-online.net/lkee-bi/vo020.asp?VOLFDNR=3190
https://www.ratsinfo-online.net/lkee-bi/vo020.asp?VOLFDNR=3191
Sollten die Bürger jedoch ein Interview von Peter Drenske (MdL) im Radio erwartet haben, dürfte man ebenfalls getäuscht sein. Es wurde nur ein Interview mit dem Landrat veröffentlicht – wie üblich bei den Staatsmedien. Deshalb ist es immer besser, man ist selbst vor Ort und veröffentlicht anschließend auf den eigenen Seiten.
Wenn Sie Lust und Zeit haben sich für die einzige Opposition im Land (AfD!) zu engagieren, gibt es hier den Antrag. Machen Sie mit, denn Mitläufer gibt es bereits genug!
„Es ist unmöglich, das Ungerechtigkeit, Meineid und Lüge zu dauernder Macht gelangen. Solche Lügengebäude können nur eine Zeit lang täuschen. Aber sie werden bald in sich zusammenfallen.“ – Demosthenes
Maik Bialek, Vorstandsmitglied im KV Wittenberg