Die positive Nachricht im oben genannten MZ-Artikel: Sowohl der Batteriestein als auch der Tauentzienstein in den Wittenberger Wallanlagen werden nach vielen Jahren des traurigen Verfalls umfassend restauriert. Beide Denkmale erinnern an Wittenberger Ereignisse während der Befreiungskriege, die sich gegen die Besatzung durch das Napoleonische Frankreich richteten. Negativ fallen allerdings die geschichtsvergessenen Bemerkungen auf, die den Artikel einleiten.
Sicher hat Irina Steinmann recht: „Auch würde heutzutage wohl niemand mehr auf die Idee kommen, Generälen und Schlachten ein Denkmal zu setzen.“ Warum eigentlich nicht, wenn die Generäle und die Schlachten der Freiheit dienten? Üblich ist es jedenfalls nicht in einem Land, dessen Soldaten unter dem beifälligen Augenzwinkern der Gerichte als Mörder bezeichnet werden dürfen.
Wie Frau Steinmann das berechtigte patriotische Anliegen der Erhebung gegen Napoleon mit dem Militarismus in Verbindung bringt, ist wohl ein Geheimnis ihrer profunden Geschichtskenntnis. Genau wie die von ihr behauptete Überkommenheit der beiden Denkmale. Da wäre dann doch ein historischer Grundkurs über die Bedeutung der Befreiungskriege für unser heutiges Deutschland notwendig.
Oberbürgermeister Torsten Zugehör ist allerdings nicht nur parteilos, sondern auch kenntnis- und bedenkenlos: Er betont, nur „als Teil der Wallanlagen“ würden die Denkmale saniert. Nur deshalb. Nicht als Zeugen erinnerungswürdiger patriotischer Ereignisse, die eben Wirkung auf unsere Gegenwart haben. Solche Gedanken sind dem Oberbürgermeister fremd. Sein Wissen dreht sich „um all die Denkmale, die andernorts derzeit geschleift werden, weil sie nicht mehr in das heutige Weltbild passen.“
Was ist eigentlich das „heutige Weltbild“? Da hat wohl jeder sein eigenes. Linke aller Spielarten – parteilose und parteigebundene – haben das gleiche und meinen, das sei das „heutige Weltbild“.
Eigentlich meinen sie, das sei das heute gültige Weltbild. Das Verhängnis: Sie meinen auch, alles muß geschleift werden, was diesem Weltbild nicht entspricht. Nicht nur Denkmale; auch Erinnerungen; Geschichte; historische Tatsachen.
Mit politisch-korrekt gerunzelter Stirn macht der OB sein Mißfallen an der Sanierung der beiden Denkmale deutlich. Die eingangs zitierte Aussage, Sanierung nur „als Teil der Wallanlagen“, lässt zudem den profunden Kenner unserer Öffentlichkeitsarbeit aufhorchen. Der OB hat nämlich damit eine Doppelmoral an den Tag gelegt, die wohl ihm selbst als auch der Presse nicht aufgefallen ist? Wir erinnern hier an das Schreiben des Oberbürgermeisters vom 15.10.2020 an die Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin. Darin spricht sich der Wittenberger OB gegen eine Umbenennung der Martin-Luther-Straße aus (das Schreiben liegt uns im vollen Wortlaut vor). Zitat:
“Mit der Tilgung eines Namens aus dem Stadtplan lässt sich vielleicht auf den ersten Blick eine vermeintliche Wiedergutmachung erzielen, doch liegt die eigentliche Herausforderung darin, die kontroversen Aussagen Luthers auch zukünftig in einem offenen Diskurs zu hinterfragen. … Dies geschieht jedenfalls nicht, indem man mit gefährlichem Teilwissen Geschichte diffamiert und durch Unkenntnis unzulässig Gegenwärtigkeitsbezüge konstruiert.“
Man kann nach dem Lesen des MZ-Artikels durchaus unterstellen, daß er die Denkmale durch die seit einigen Jahren aufgekommene Cancel Culture lieber aus dem Licht der Öffentlichkeit entrückt haben wolle. Zu militaristisch, zu viel weiße Männer, zu viele Soldaten – die sich für vor allem auch für das Deutschland als Nation eingesetzt haben. Doppelmoral ist eben, wenn einem solche Sätze irgendwann auf die Füße fallen können: “Man befreit sich nicht von der Geschichte, indem man sie aus der Öffentlichkeit verdrängt!”
Im Falle der beiden Denkmale ist das wohl noch mal gut gegangen. Auch wenn Irina Steinmann gänzlich im Artikel ausgeblendet hat, daß sich seinerzeit die AdB/AfD bzw. die AfD-Stadtratsfraktion für die Sanierung beider Gedenksteine eingesetzt und damit dieses Thema ins Licht der Öffentlichkeit gerückt hat, geht es nun voran. Wir werten es einfach als unseren Erfolg.
Ein anderes „Denkmal“, welches trotz aller moralischer Aufladung nichts anderes ist als ein Zeichen des Begrüßens hunderttausendfachen Grundgesetzbruches, genießt sein Wohlwollen: das verrottende Flüchtlings-, besser Schlepperboot am Schwanenteich. Sein kühn auf unser Lokalgewässerchen gerichteter Bug soll Bewunderung und Verständnis für die tapfere Überquerung des Mittelmeeres ausdrücken, um Not und Ausweglosigkeit zu entgehen – und UNS daran erinnern, daß WIR es nicht geschafft haben, die Lebensbedingungen in der Heimat der Verführten zu verbessern.
So ist es mit den Zeugen der Erinnerung: Welche Bedeutung wir heute in ihnen erkennen, bestimmt ihre Erscheinung in der Zukunft.
Im kommenden Jahr, am 30. Dezember, jährt sich übrigens zum 210. Mal der Abschluß der Konvention von Tauroggen. Dieses bedeutende Ereignis der Erhebung gegen die französische Fremdherrschaft ist verbunden mit dem Namen eines Helden, der auch in unserer Region befreiungskriegerisch wirkte und dem heute niemand mehr ein Denkmal setzen würde:
General-Lieutnant Johann David Ludwig von Yorck, ab 1814 Graf Yorck von Wartenburg. Ob es dazu in Wittenberg Ausstellungen oder Gedenkveranstaltungen geben wird?
Helmut Poenicke und Maik Bialek
Wittenberger Denkmalkunde – oder Gedenken an den 195. Todestag des Grafen von Tauentzien…