Diese Stadtratssitzung Jessen bot reichlich Gesprächsstoff und wichtige Entscheidungen. Neben einer bewegten Einwohnerfragestunde standen auch die Präsentation zur kommunalen Wärmeplanung, die Verabschiedung der neuen Hauptsatzung, Hinweise des Bürgermeisters zum Haushalt 2025 sowie die Diskussion über die Grundsteuerhebesätze im Fokus.
Einwohnerfragestunde: Zustand der Grundschule Seyda
Bereits zu Beginn der Sitzung wurde der schlechte Zustand der Grundschule Seyda von einer kleinen Delegation der Elternvertretung angesprochen. Besonders der Umgang des Bürgermeisters und des Stadtratsvorsitzenden mit dem Anliegen sorgte für Aufsehen. Als der Wortführer der Delegation das Wort ergriff, wurde er von den beiden abrupt in einer Weise unterbrochen, die bei vielen im Saal Fragen zur Bürgerbeteiligung aufwarf. Als Begründung wurde angeführt, dass der Wortführer kein offizieller Bewohner der Stadt Jessen sei.
Die Fraktion AfD/Freydank hielt diese Argumentation für fragwürdig, da der betreffende Bürger gesetzlicher Vertreter eines Kindes sei, das die Schule in Seyda besuche, und somit berechtigt, die Interessen der Schülerschaft zu vertreten. Trotz dieser Rückschläge blieb die Elternvertretung hartnäckig. Eine andere Person, die im Stadtgebiet Jessen wohnhaft ist, brachte das Anliegen erneut vor.
Hintergrund des Anliegens war eine bereits vor geraumer Zeit erstellte Mängelliste, die von einer Kommission unter Beteiligung der Stadträte Wegener und Naujokat sowie der Elternvertretung erarbeitet worden war. Diese Liste war an das Amt für Kita, Schule und Sport der Stadt Jessen übermittelt worden. Da die Stadtverwaltung bislang weder den Eingang des Schreibens bestätigt noch darauf reagiert hatte, diente der Auftritt im Stadtrat dazu, das Thema in Erinnerung zu rufen.
Um den Vorgang zu bekräftigen, übergab die Delegation vorsorglich eine Kopie der Mängelliste in Anwesenheit der Stadträte direkt an die Amtsleiterin für Kita, Schule und Sport. Diese sicherte eine umgehende Bearbeitung der Angelegenheit zu.
Hinweise des Bürgermeisters zum Haushalt 2025
Der Bürgermeister informierte den Stadtrat darüber, dass die Stadt Jessen für das kommende Jahr ein Haushaltsdefizit von etwa 4,5 Millionen Euro erwartet. Die drastische Erhöhung der Kreisumlage sowie gestiegene Personalkosten, die einen erheblichen Anteil der städtischen Ausgaben ausmachen, wurden als Hauptgründe genannt.
Hier zeigt sich, wie fragil die finanzielle Lage der Kommune ist. Eine ausgeglichene Haushaltsplanung, wie sie in den vergangenen zwei Jahren umgesetzt wurde, scheint auf Kreisebene Begehrlichkeiten geweckt zu haben. Anstatt der Stadt, die immerhin die zwölftgrößte Gemeinde der Bundesrepublik ist, die notwendige Handlungsfähigkeit zu gewähren, wird sie durch eine höhere Kreisumlage gezwungen, ein Defizit einzugehen. Es wirkt, als ob man einer ohnehin belasteten Gemeinde bewusst die Luft zum Atmen nimmt, anstatt ihr in schwierigen Zeiten Spielraum zu lassen.
Die Sitzung offenbarte damit nicht nur technische und organisatorische, sondern auch gravierende finanzielle Herausforderungen für die Stadt Jessen und ihre Bürger.
Kommunale Wärmeplanung: Präsentation der Firma con-energy consult GmbH
Ein weiterer Schwerpunkt der Sitzung war die Präsentation der Firma con-energy consult GmbH, die von der Stadt Jessen mit der Entwicklung einer kommunalen Wärmeplanung beauftragt wurde. Die Firma stellte ihre Arbeit der vergangenen sechs Monate vor, die sich auf die Erfassung der Wärmebedarfe sowie die Verfügbarkeit von CO₂-neutralen Energieträgern konzentriert hatte.
Die Analyse umfasste vor allem die Bewertung bestehender Gas-, Nah- und Fernwärmenetze sowie die Nutzung von Prozessabwärme aus der Industrie, Biogasanlagen, Photovoltaik und Windenergie. Die Fraktion AfD/Freydank betrachtet die bisherigen Ergebnisse kritisch. Aus ihrer Sicht ist es fraglich, ob eine flächendeckende klimaneutrale Wärmeversorgung im gesamten Stadtgebiet bis 2045 realistisch ist.
Positiv wurde wahrgenommen, dass die Wasserstoffbereitstellung in den lokalen Gasnetzen bislang keine zentrale Rolle spielt. Sie werde lediglich im Zusammenhang mit Blockheizkraftwerken (BHKW) betrachtet. Dies sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass regionale Gasnetzbetreiber wie NBB und Ontras bislang wenig Unterstützung leisteten.
„Meiner Meinung nach ist Wasserstoff als Energieträger kritisch zu betrachten. Die chemischen Eigenschaften von Wasserstoff machen ihn für den großflächigen Einsatz problematisch. Seine geringe molekulare Dichte stellt bestehende Netze und Anlagen vor erhebliche Herausforderungen, da diese häufig nicht für die Speicherung und den Transport von reinem Wasserstoff ausgelegt sind.
Hinzu kommt die deutlich niedrigere Energiedichte im Vergleich zu herkömmlichem Erdgas, was bedeutet, dass größere Mengen erforderlich wären, um denselben Energiebedarf zu decken. Dies könnte die Infrastruktur zusätzlich belasten und die Effizienz verringern. Besonders besorgniserregend ist jedoch der weitaus größere Zündbereich von Wasserstoff, der die Gefahr von Explosionen erheblich erhöht und somit den Einsatz riskanter macht.
Diese Eigenschaften machen Wasserstoff meiner Ansicht nach weder sicher noch effizient genug, um ihn als breitflächigen Ersatz für aktuelle Energieträger zu etablieren. Politisch wird Wasserstoff oft als Allheilmittel präsentiert, doch die Realität zeigt, dass die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen enorm sind und häufig unterschätzt werden. Hier sollten Alternativen mit weniger Risiken und höherer Effizienz stärker in den Fokus gerückt werden.“
Patrick Peschl, Stadtrat AfD/Freydank
Dezentrale Wärmeversorgung und Eigenverantwortung der Bürger
Die geologische Struktur der Stadt Jessen erfordert laut der Firma con-energy consult GmbH einen dezentralen Aufbau der Wärmeversorgung. Dies bringe jedoch wirtschaftliche Herausforderungen mit sich. Die Firma argumentierte, dass Einwohner in peripheren Lagen ihre Wärmeversorgung eigenverantwortlich organisieren müssten.
Diese Aussage stieß auf scharfe Kritik von Stadtrat Patrick Peschl (AfD/Freydank). Er stellte die Frage, ob die Verantwortung für die Umsetzung der politischen Entscheidungen der Einfachheit halber auf die betroffenen Bürger übertragen werde, während sich die Verantwortlichen aus der Affäre ziehen. Diese Annahme wurde bestätigt.
Peschl wies darauf hin, dass die Stromnetze in Jessen, die vielerorts Jahrzehnte alt sind und ursprünglich für andere Bedarfe geplant wurden, in diesem Fall modernisiert werden müssten. Auf Nachfrage, ob dieser Aspekt in der Analyse berücksichtigt worden sei, erhielt er ein klares Nein.
Er machte deutlich, dass die Bürger somit nicht nur mit den Kosten für die Umrüstung ihrer Gebäude, sondern auch mit hohen Investitionen in die Modernisierung der Stromnetze sowie die dazugehörigen Straßenbaumaßnahmen belastet würden. Diese Darstellung wurde fast wehmütig bestätigt.
„Aus meiner Sicht zeigt die kommunale Wärmeplanung eine Entwicklung, die politisch und sozial hochproblematisch ist. Der demografische Wandel in der Region zeigt doch schon jetzt, dass es vielen Einwohnern unmöglich sein wird, ihre teils hunderte Jahre alten Häuser auf klimaneutrale Heizsysteme umzurüsten. Es ist völlig unrealistisch anzunehmen, dass Banken bereit sein werden, Rentnern Kredite in Höhe von 100.000 Euro oder mehr zu gewähren, um solche Umbauten zu finanzieren.
Am Ende stehen viele Bürger vor der Situation, dass ihre Häuser nahezu wertlos werden – unbeheizt und mit einem riesigen Investitionsbedarf behaftet. Der Verkauf solcher Immobilien wird für viele die einzige Option bleiben. Doch wer wird solche Objekte noch kaufen? Das Ergebnis scheint vorprogrammiert: Privateigentum wird entwertet, Bürger verlieren ihre Häuser, und die Immobilien werden entweder verstaatlicht oder zu Spottpreisen an Investoren verscherbelt.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, aber es wirkt wie eine systematische Strategie. Erst zieht man den Bewohnern das Geld aus der Tasche, dann entwertet man ihre Gebäude und schafft Bedingungen, die für die meisten unerfüllbar sind. Wohneigentum als Privatbesitz scheint politisch zunehmend ungewollt zu sein – die Frage ist, wer am Ende von diesem Vorgehen profitiert.“
Patrick Peschl, Stadtrat AfD/Freydank
Änderung der Hauptsatzung
Ein weiterer Tagesordnungspunkt war die Änderung der Hauptsatzung der Stadt Jessen. Nach einer intensiven Diskussion und einer zweiten Beratungsrunde in den Ausschüssen sowie im Stadtrat wurde die neue Hauptsatzung nun einstimmig verabschiedet.
Besonders erfreulich ist, dass die meisten Positionen, die von den Fraktionen AfD/Freydank und Wir für hier/FDP/Wegener eingebracht wurden, Berücksichtigung fanden. Hier hat sich Hartnäckigkeit, Fleiß und eine gute Vorbereitung, gestützt von klugen Argumenten, ausgezahlt.
Satzung über die Grundsteuerhebesätze
Ein weiteres wichtiges Thema der Sitzung war die Satzung über die Festsetzung der Grundsteuerhebesätze. Wie bereits in den Beratungen des Finanz- und Hauptausschusses wurde der Stadtrat seitens der Stadtverwaltung ausführlich über die Gestaltung der Grundsteuerhebesätze informiert.
Kern der Ausführungen war, dass die Stadtverwaltung die festzulegenden Hebesätze so austariert hat, dass Eigentümern von Wohngrundstücken möglichst wenig Änderungen bei der Steuerlast zugemutet werden. Ziel war es außerdem, dass die Gesamteinnahmen der Stadt durch die Grundsteuer unverändert bleiben. Dennoch führt die Reform der Grundsteuer unweigerlich dazu, das einige Eigentümer teils spürbar mehr und andere wiederum deutlich weniger zahlen müssen. Die Stadtverwaltung hat bei der Festlegung der Hebesätze versucht, diesen Effekt so gering wie möglich zu halten.
Auch wenn dieses Ergebnis nicht ideal ist, stimmte der Stadtrat der Satzung zu, da es keine realistischen Alternativen gibt.
Aus den Beratungen ging auch hervor, dass das Finanzamt die Angaben der Eigentümer nicht prüft und diese als gegeben hinnimmt. Daraus ergibt sich, wie so oft in diesem Staat, dass ehrliche Menschen wahrscheinlich eher zu denen zählen werden, die deutlich mehr zahlen müssen und Unehrlichkeit belohnt wird. Die Ungerechtigkeit, dass diejenigen, die ihre Angaben korrekt und gewissenhaft machen, am Ende stärker belastet werden als jene, die ihre Angaben optimieren oder beschönigen, ist ein systematisches Problem, das die Bürger weiter in ihrer Vertrauensbasis erschüttert.
Patrick Peschl für die AfD/Freydank-Stadtratsfraktion Jessen
Hat unsere wiederholt vorgebrachte Kritik gegenüber Frank Grommisch von der MZ geholfen oder wird nur scheibchenweise berichtet, was Mitglieder der Jessener AfD/Freydank Stadtratsfraktion in den Sitzungen äußern? Nun gut, wir wollen ja nicht immer nur über die Presse meckern und nehmen wohlwollend zur Kenntnis, das die Fraktionen AfD/Freydank und WFH/FDP/Wegner im Artikel genannt wurden.
Allerdings geht Frank Grommisch nur auf die unsinnige Reduzierung von Kohlenstoffdioxid und der daraus resultierenden Wärmeplanung ein, während Patrick Peschl weit mehr wichtige Themen für den Bürger vor Ort abgefasst hat. Diese Wärmepläne unter dem Aspekt der Klimaneutralität müssen nach dem Bundesgesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze bis zum 30.06.2028 erstellt werden – ob dies gelingt, ist wohl mehr als fraglich (Auswirkungen siehe oben!).
Im MZ-Artikel lesen wir u. a. Folgendes: „Zum Hintergrund: Die kommunale Wärmeplanung ist laut Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt die Energieleitplanung für das gesamte Gemeindegebiet. Als strategisches Planungsinstrument dient sie einer nachhaltigen, integrierten Entwicklung und kann maßgeblich zur Versorgungssicherheit und Importunabhängigkeit beitragen. Städte können auf dieser Basis einen eigenen Fahrplan für eine klimaneutrale Wärmeversorgung erarbeiten, der optimal zu den Bedingungen vor Ort passt. Zugleich sollen Bürgerinnen und Bürger Planungssicherheit bei Entscheidungen über die zukünftige Wärmeversorgung erhalten. Warum ist das notwendig? Die Wärmewende ist ein wesentlicher Baustein der Gestaltung einer klimafreundlichen Zukunft. Neben Strom und Verkehr hat der Wärmesektor mit ca. 59 Prozent den höchsten Endenergieverbrauch in Deutschland (Angaben des Umweltbundesamtes für 2021). Der Anteil der erneuerbaren Energien für die Wärme und Kälte steigt zwar stetig, lag aber in 2022 nur bei 18,2 Prozent. Daher zielt die Wärmewende als Bestandteil der Energiewende darauf ab, erstens den Energieverbrauch zu senken und zweitens die Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen.„
Da bleibt dann nur zu hoffen, dass die Presse aus dieser Stadtratssitzung auch die weiteren Themen aufgreift, ansonsten sind die Bürger besser bei unseren Darstellungen aufgehoben.
Maik Bialek für den AfD-Kreisverband Wittenberg